Berlin, 18. April 2015. Tausende Studienbewerber, für die das größte Ziel der Erhalt eines Studienplatzes in der Medizin ist, haben keine reelle Chance, jemals ihren Traum leben und Arzt werden zu können. Notenanforderungen im Bereich von mindestens 1,4 und Wartezeiten von mehr als sechs Jahren stellen praktisch unüberwindbare Hürden für die überwiegende Mehrzahl der Bewerber dar. Denn jedes Wintersemester stehen an den bundesdeutschen Hochschulen nur rund 9.000 Studienplätze in der Humanmedizin für mehr als 40.000 Bewerber zur Verfügung. Die Frustration der abgelehnten Bewerber ist groß. Gleichzeitig steht dem Mangel an Studienplätzen der absehbare, in vielen Teilen Deutschlands bereits Realität gewordene Mangel an Ärzten gegenüber. Deutschland bewegt sich sehenden Auges in die ärztliche Unterversorgung.
Die Berliner Studienberatung planZ zeigte auf dem Infotag Medizinstudium am 18. April 2015 Lösungen für den Weg ins Medizinstudium. Die Botschaft der Veranstaltung lautete: Wer wirklich Medizin studieren will, findet auch einen Weg. Rund 250 Besucher – vornehmlich Oberstufenschüler und Abiturienten, aber auch Eltern und Lehrer – nahmen die Gelegenheit wahr, sich über das komplexe Thema im Votragsprogramm (PDF) und an den Ausstellerständen (PDF) zu informieren.
Der Infotag startete mit einem Überblick zum Bewerbungsverfahren an den öffentlichen Unis in Deutschland: Wie werden die Bewerber ausgewählt? Wie funktionieren die Auswahlverfahren der medizinischen Universitäten? Welche Möglichkeiten haben die Bewerber, zusätzliche Punkte für die Auswahlverfahren der Hochschulen zu sammeln?
Zu all diesen Fragen informierte Patrick Ruthven-Murray, erfahrener Studienberater bei der privaten Berliner Studienberatung planZ und Autor des Ratgebers „Erfolgreich zum Medizinstudium – Wie ich mir einen Studienplatz in Deutschland oder im Ausland sichere“ (erschienen im Hogrefe Verlag 2013). „Rein rechnerisch“, so Ruthven-Murray, „ist es durchaus möglich mit einer Abiturnote unter 2,0 einen Studienplatz zu erhalten, wenn entsprechende Zusatzleistungen – wie zum Beispiel ein exzellentes TMS-Ergebnis und praktische berufliche Erfahrungen vorliegen“.
Bewerber mit sehr guten Abiturnoten, für die die Ortswahl nicht primär von den Zulassungschancen an der entsprechenden Uni abhängig ist, haben außerdem die Wahl, das Medizinstudium im Rahmen eines Regelstudiengangs oder eines Modellstudiengangs zu absolvieren. Wie sich Regelstudiengang und Modellstudiengang unterscheiden und für welchen Lerntypus der eine oder andere Studiengang eventuell besser geeignet ist, darüber informierte Leontin Goerke, Medizinstudent im zweiten Semester an der Berliner Charité.
Wer die Wartezeit auf das Medizinstudium sinnvoll überbrücken will und dabei gleichzeitig den Berufswunsch Arzt auf die Probe stellen möchte und erste berufspraktische Erfahrung sammeln will, für den kommt sicherlich ein Freiwilliges Soziales Jahr im Krankenhaus in Betracht. Christina Heß, FSJ-Bildungsreferentin bei IN VIA Berlin, Fachverband im Caritasverband, klärte über die Einsatzmöglichkeiten im Freiwilligendienst auf. Dabei ist IN VIA nicht nur Träger für das Freiwillige Soziale Jahr und den Bundesfreiwilligendienst in Deutschland sondern bietet auch internationale Einsatzmöglichkeiten über das Weltwärts-Programm. Heß stellte dazu klar: „Freiwilligendienste – egal ob im Inland oder Ausland – können in den Auswahlverfahren der Hochschulen nur als zusätzliches Kriterium gewertet werden, wenn sie nach dem Jugendfreiwilligendienst- oder Bundesfreiwilligendienstgesetz anerkannt werden.“
Neben der Berufsfeldüberprüfung durch ein FSJ sollten Studieninteressierte mit Studienziel Medizin auch die naturwissenschaftliche Vorbereitung auf das Studium nicht zu kurz kommen lassen. Dr. Lucia Wickert, Fachbereichsleitung Medizinische Bildung am Rheinischen Bildungszentrum in Köln zeigt den angehenden Studierenden, welches fachliche Vorwissen für das Studium relevant ist und wie sich fehlendes Wissen vor dem Studium aufarbeiten lässt. Schließlich ist es nicht an Gymnasien in Deutschland möglich, Physik, Chemie und Biologie in der Oberstufe durchgehend zu belegen. „Um den Studienstart zu vereinfachen, empfiehlt es sich, Wissenslücken in den Naturwissenschaften schon vor dem Studienstart zu schließen – beispielsweise durch ein Vorsemester am Rheinischen Bildungszentrum in Köln“, so Dr. Wickert. „Mit Hilfe eines medizinischen Vorsemesters, lässt sich außerdem prima überprüfen, ob das naturwissenschaftliche Lernen, das insbesondere im vorklinischen Studienteil im Medizinstudium täglich gefragt ist, den eigenen Vorstellungen vom Medizinstudium entspricht. Außerdem bereitet das Vorsemester auch auf eventuelle Aufnahmetests an ausländischen Universitäten in den Niederlanden vor.“ Zum Thema Vorsemester ergänzt Ruthven-Murray: „Ich empfehle meinen Klienten in der Studienberatung vor der Entscheidung für ein kostenpflichtiges Vorsemester immer auch die akademische und pädagogische Qualifikation des Lehrpersonals unter die Lupe zu nehmen. Dazu haben die Teilnehmer unserer Studienberatung mit dem RBZ in Köln in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen gemacht.“
Auch das Medizinstudium im Ausland fand auf dem Infotag Erwähnung. Welche Länder und Unistädte in Europa überhaupt in Frage kommen, erläuterte Patrick Ruthven-Murray, Studienberater und Spezialist für das Medizinstudium bei planZ. Viele Fragen hatten die angehenden Studierenden natürlich zum Medizinstudium in Österreich – ein beliebter Standort, weil hier keine Sprachbarrieren zu überwinden sind. Ruthven-Murrays gute Nachricht: „Die Zulassungschancen in Österreich hängen nicht von der Abinote der Bewerber ab. Zugelassen werden diejenigen, die im Eignungstest Med-AT – ähnlich dem TMS in Deutschland – besonders gut abschneiden.“ Allerdings warnte Ruthven-Murray auch: „Der Konkurrenzkampf in Österreich ist extrem hart. Für deutsche Bewerber gibt es an den drei
Unis in Wien, Innsbruck und Graz – und neu Linz – nur rund 300 Plätze für deutsche Bewerber. Und auf die bewerben sich jedes Jahr 5000 bis 6000 Studieninteressierte.“ Der Studienstart in Österreich sei damit leider keine Patentlösung für so genannten „NC-Flüchtlinge“ aus Deutschland.
Gute Zulassungschancen böten vor allem die englischsprachigen Studienprogramme der osteuropäischen Universitäten. Zwar würden auch hier häufig Eignungstest geschrieben, der Bewerberandrang sei aber vergleichsweise gering, die Ausbildungsstandards dafür gut und international anerkannt. Ein großer Haken: Die englischsprachigen Programme sind kostenpflichtig. Die Studiengebühren liegen je nach Uni zwischen 3.500 und 13.000 Euro pro Jahr, dafür sind die Lebenshaltungskosten häufig geringer als in Deutschland.
Einige Beispiele für englischsprachige Studienprogramme in Osteuropa stelle Alexandra Michel von College Contact vor, einer offiziellen Repräsentanz der Universitäten in Martin (Slowakei), Hradec Králové, Prag, Brno, Olomouc (Tschechien) und Riga (Lettland).
Der Agenturmarkt für die Vermittlung von zukünftigen Studierenden wächst stetig. Im Vergleich zu vielen der neuen Agenturen, die häufig Gebühren von mehreren Tausend Euro von den Studieninteressierten Vermittlungsgebühr verlangen, bieten die Berater von College Contact, die seit vielen Jahren als offizielle Repräsentanten der Universitäten tätig sind, den zukünftigen Studierenden aber kostenfreie Beratung und Vermittlung an. „Die Studiensituation an den osteuropäischen Hochschulen spricht für sich“, so Michel, kleine Gruppen und ein intensives Betreuungsverhältnis seien die Regel. Aufgrund der internationalen Zusammensetzung der Studiengänge würden nicht nur
Englischkenntnisse, sondern auch interkulturelle Kompetenz und Teamfähigkeit trainiert, die den Absolventen im späteren Berufsleben zugutekommen.
Zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse in Deutschland kam Dr. Philipp Verenkotte, Rechtsanwalt bei der Kölner Kanzlei Dr. Birnbaum und Partner zu Wort: „Die Approbation aus anderen EU-Staaten und der Schweiz wird in Deutschland problemlos anerkannt. Berufspraktische Erfahrungen müssen aber vorliegen, wenn diese im Studienland vorgesehen sind.“, so Verenkotte. Die Approbation aus Österreich werde daher derzeit erst nach dem 3jährigen „Turnus“ erteilt, die aus Großbritannien erst nach dem Foundation Year.
Ein im Zusammenhang mit dem Zugang zum Medizinstudium immer wieder aufkommendes Thema fand auf dem Infotag ebenfalls Erwähnung: Die Studienplatzklage. Über Chancen, Risiken und Kosten informierte Dr. Philipp Verenkotte, Rechtsanwalt bei der auf Studienplatzklagen spezialisierten Kanzlei Birnbaum aus Köln. Die Erfolgschancen einer Studienplatzklage lägen allerdings nur zwischen 15 und 40 Prozent, so Verenskottes vorsichtige Schätzung. Bei der Klage zum höheren Fachsemester seien die Chancen momentan mit rund 75% noch deutlich besser, allerdings müssen dafür natürlich anrechenbare Leistungsnachweise – etwa von einer medizinischen Hochschule im Ausland – vorliegen.
Wie Studierende ihr Medizinstudium finanzieren können, zeigte Denis Mai, Studienberater bei der Apotheker- und Ärztebank in Berlin. „Es gibt verschiedene Kanäle, über die das Geld für das Studium fließen könnte. BAföG kennen alle, dieses Mittel erhält aber nicht jeder. Neben zahlreichen Stipendien, unter anderem von den regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen, begleitet auch die apoBank ihre studentischen Kunden bei der Finanzierung ihres Studiums – etwa durch Vermittlung des Studienkredits der KfW-Bank.“, so Mai. Insbesondere seine Informationen zu den verschiedenen Stipendienvergabeinstituten wurden von den Studieninteressierten nicht nur eifrig mitgeschrieben, sondern – ganz modern – mit der Handycam abfotografiert.
Die beiden letzten Vorträge auf dem Infotag widmeten sich dann wieder ganz dem Thema Zulassung zum Medizinstudium in Deutschland. Insbesondere der TMS – Test für medizinische Studiengänge, der einmal pro Jahr durchgeführt wird und in den Bewerbungsverfahren von den Unis in Bochum, Erlangen-Nürnberg, Frankfurt, Freiburg, Göttingen, Halle, Heidelberg und Heidelberg-Mannheim, Kiel, Leipzig, Lübeck, Mainz, Marburg, München, Oldenburg, Regensburg, Tübingen, Ulm sowie Würzburg ins Auswahlverfahren einfließt, kann für viele Bewerber Türen öffnen, wenn ein sehr gutes Ergebnis erreicht wird. Wie der TMS abläuft, wie man ihn vorbereiten kann, welche typischen Fehler gemacht werden, darüber informierte Patrick Ruthven-Murray von der Berliner Studienberatung planZ die Studieninteressierten. „Der TMS kann die Chancen auf einen Studienplatz verbessern, er verschlechtert die Chancen bei schlechtem Abschneiden jedoch nicht“, erklärte Ruthven-Murray. Er riet den Abiturienten, die Testvorbereitung sehr ernst zu nehmen und den Test intensiv zu trainieren. Schließlich kann jeder Bewerber nur einmal am Test teilnehmen.
Neben dem altbekannten Medizinertest TMS können Bewerber ihre Auswahlchancen seit einigen Semestern auch über die Teilnahme am Hamburger Naturwissenschaftstest (HAM-Nat) verbessern. Der HAM-Nat wird an den Unis in Hamburg, Magdeburg und auch an der Berliner Charité angeboten.
Anders als zum TMS kann sich zum HAM-Nat allerdings nicht jeder Bewerber einfach anmelden. Stattdessen werden die Bewerber eingeladen, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. So müssen die Bewerber, die sich Chancen über den HAM-Nat ausrechnen können, die Uni Magdeburg, die Uni Berlin oder die Uni Hamburg in ihrer Hochschulstartbewerbung an Platz 1 der Ortspräferenzen in der AdH-Quote nennen, erläuterte Philipp Meinelt, Fachleiter für HAM-Nat Vorbereitungskurse bei der Berliner Nachhilfe-Agentur Deine Nachhilfe. Damit ist die Einladung zur Teilnahme aber noch nicht sicher, denn es steht nur eine begrenzte Zahl an Testplätzen zur Verfügung. „An der Charité lag die Auswahlgrenze für die Teilnahme am HAM-Nat im vergangenen Wintersemester bei einem Abischnitt von 1,6 in Magdeburg hingegen bei 2,0“, so Meinelt.
Auch das Medizinstudium bei der Bundeswehr fand auf dem Infotag ein Forum. Kapitänleutnant Mario Prymuschala von der Karriereberatung der Bundeswehr in Berlin Mitte erläuterte den Studieninteressierten am Messestand den Ausbildungsverlauf eines Sanitäts-Offizieres und wies darauf hin: „Sie sind bei der Bundeswehr nicht nur Arzt, sondern auch Soldat und Vorgesetzter. Bundesweite Versetzbarkeit, Auslandseinsätze, Gefahr für Leib und Leben und die Verantwortung für die Ihnen anvertrauten Soldatinnen und Soldaten spielen im militärischen Alltag eine wesentliche Rolle“.
„Ein gelungener und nicht nur für die Teilnehmer interessanter Tag“ resümierte Petra Ruthven-Muray, Studienberaterin bei der Berliner Studienberatung und Organisatorin der Veranstaltung den Infotag Medizinstudium. „Zwar mussten wir auf dem heutigen Infotag aus Platz- und Zeitgründen auf einige Informationen, wie z.B. zu den privaten Hochschulen in Deutschland verzichten, das holen wir aber auf dem nächsten Infotag nach.“ Auf die Frage, warum eine private Studienberatung eine solche Abiturientenmesse überhaupt veranstaltet, ergänzte sie: „Wir wollen mit dieser und folgenden Veranstaltungen, nicht nur Mut machen und valide und sinnvolle Information für Bewerber anbieten, sondern auch zur Debatte über die Gerechtigkeit bei der Vergabe von Studienplätzen in der Medizin beitragen.“
Und auch die Teilnehmer äußerten sich zufrieden: „Alles Wichtige – komprimiert und in gut gegliederter Reihenfolge – haben die Berater von planZ in der ersten Stunde vorgestellt. Schon allein für diese eine Stunde hätte sich vermutlich das Kommen gelohnt, aber es stand ja noch mehr auf dem Programm.“, so Lukas K., Abiturient aus Bayern, der extra zum Infotag angereist war. Sofia G. aus Brandenburg ergänzt „Besonders gut hat mir der Vortrag von Leontin gefallen, weil man in diesem Vortrag einen besonders guten Einblick bekommen hat, wie den das Medizinstudium so ist! Insgesamt war das ein wirklich gelungener Vortrag der mich auch noch mehr darin bestärkt hat Medizin zu studieren!“.
Und auch die Eltern waren zufrieden: „Das Vortragsprogramm war ausgezeichnet, es wurden alle wichtigen Themen behandelt. Wir gehen heute mit dem guten Gefühl nach Hause, dass unsere Tochter ihren Traumberuf in naher Zukunft verwirklichen kann.“, so Franziska F., Mutter einer 17-Jährigen Abiturientin aus Berlin. Der nächste Infotag zum Medizinstudium in Berlin ist am 14. November – also rechtzeitig vor dem Bewerbungsschluss zum Sommersemester am 15. Januar – geplant. Weitere Veranstaltungen in Würzburg und Nordrheinwestfalen sind ebenfalls in Planung.
Kontakt:
Petra Ruthven-Murray – planZ Studienberatung – Carl-Herz-Ufer 31 – 10961 Berlin
Tel.: 030 / 61286923, Mail: petra.murray@planz-studienberatung.de
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