Bei der Studienwahl stellt sich recht häufig die Frage: Soll ich meinen Studiengang an einer Universität oder an einer Fachhochschule absolvieren? Eines kann ich gleich vorweg sagen: Eine pauschale Aussage welche Hochschulform besser ist, lässt sich leider nicht treffen. Beide Hochschulformen haben ihre Vorteile. Es ist also weniger die Frage, welche Schule besser ist, sondern vielmehr die Frage, welche Schulform besser passt. Die Beantwortung dieser Fragestellung erfordert ein wenig ehrliche Selbstreflektion. Praktische Studiengänge passen nicht zu jedem, die meisten Menschen kommen in einem Elitestudiengang nicht gut zurecht und nicht jeder fühlt sich in einem Hörsaal mit 800 Studierenden wohl.
Wahrscheinlich ist es sinnvoll erstmal die Gemeinsamkeiten zu verstehen, bevor es um die Unterschiede geht:
1998 wurden in Deutschland die gestuften Studiengänge mit den Abschlüssen Bachelor und Master eingeführt. Wichtig ist, dass damit die Anforderungen an die Bachelor- und Masterstudiengänge für alle Hochschulen gleich sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder Bachelor- oder Masterstudiengang diese Vorgaben auch erfüllt. Erst wenn der Studiengang von einer unabhängigen Akkreditierungsagentur akkreditiert wurde, ist der Nachweis erbracht, dass der Studiengang eben die Regelungen zu den Bachelor- und Masterstudiengängen weitgehend erfüllt.
Eine Unterscheidung beispielsweise für Studienanforderungen, Abschlussbezeichnung oder Regelstudienzeit, wie es sie vorher gab, fiel weg. Die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge führte also zu einer Gleichstellung der Studiengänge von Fachhochschulen und Universitäten, zumindest bei den akkreditierten Studiengängen.
Es gibt nicht nur praktische Berufe. Auch in der Forschung werden viele helle Köpfe gesucht. Dafür ist meist eine intensive wissenschaftliche Ausbildung, wie sie im Rahmen eines Promotionsstudiums absolviert wird, notwendig. Die Promotion war noch lange nach der Einführung der Bachelor- Masterstudiengänge die Domäne der Universitäten. Doch seit 2014 gibt es Bewegung bei den Fachhochschulen. Nachdem Baden-Württemberg angefangen hat, das Promotionsrecht für Fachhochschulen im Landeshochschulgesetz zu verankern, ziehen immer mehr Bundesländer nach. Auch Bayern, Berlin oder Schleswig-Holstein haben mittlerweile das Promotionsrecht für Fachhochschulen geregelt. In fast allen anderen Bundesländern gibt es die kooperative Promotion an Fachhochschulen. Und natürlich dürfen Master-Absolventen von Fachhochschulen das Promotionsstudium an der Universität beginnen.
Trotz gleicher formaler Regelungen haben Hochschulen in der Praxis sehr wohl Möglichkeiten sich voneinander abzugrenzen. So gilt beispielsweise, dass ein Wechseln nach dem Bachelor einer Fachhochschule zu einem Master an einer Universität problemlos funktionieren sollte. Das Ganze funktioniert im Einzelfall jedoch sehr oft nicht besonders gut. In den Auswahlsatzungen geben vor allem Universitäten sehr genau an, welche Studieninhalte im grundständigen Studium (Bachelor) enthalten sein müssen, um zum Masterstudium zugelassen zu werden. Und hier können die Unis ganz einfach Barrieren gegenüber FH-Absolventen aufbauen. Zum Beispiel ist im Bachelorstudium BWL der Anteil von volkswirtschaftlichen Veranstaltungen an Fachhochschulen oftmals niedriger als im universitären Studium. Setzt die Uni eine hohe Mindeststundenzahl für VWL in die Auswahlsatzung, erschwert sich der Zugang für die Bachelorabsolventen der Fachhochschulen deutlich. Es ist aber möglich, fehlende Prüfungen nachzuholen und so den Zugang dennoch zu bekommen.
Was formale Regelungen, Studieninhalte, Abschlüsse und Studiendauer angeht, lässt sich das Studium an der Fachhochschule nur wenig vom Studium an der Universität unterscheiden. Auch das Argument praktisches versus wissenschaftliches Studium lässt sich zumindest anhand akkreditierter Studiengänge nicht festmachen. Allerdings kann der Wechsel nach dem Bachelor von der Fachhochschule zur Universität durchaus Hindernisse aufweisen.
Die wesentlichen Unterschiede lassen sich also nicht anhand der Studiengänge selbst, sondern anhan der Hochschule festmachen:
Universitäten sind oftmals sehr traditionsbewusst. Das bringt einen guten Ruf mit sich, kann aber auch etwas altmodisch wirken. Wer sich in einem dynamischen und modernen Umfeld wohlfühlt kann sich hier etwas deplatziert vorkommen. Wer an der Praxis Anteil nehmen möchte und auf der Höhe der Zeit studieren will ist sicherlich an einer jungen FH gut aufgehoben. Wer in einen sehr konservativen Beruf strebt, findet an der Uni eher seinen Platz.
Fachhochschulen sind deutlich kleiner als Universitäten. Circa ¼ der Studierenden in Deutschland sind an einer Fachhochschule eingeschrieben. Wer Unterricht in kleinen Gruppen mag, gerne mal eine Präsentation hält und sich nicht scheut an der Vorlesung aktiv teilzunehmen ist an einer FH mit kleinen Studierendenzahlen gut aufgehoben. An der Uni kann man sich super in der Menge verstecken oder gleich zuhause bleiben. Vorlesungen mit mehreren hundert Studierenden sind normal. Eine Wortmeldung eher ungewöhnlich. Dafür muss sich der Studierende selbst organisieren. Wer also eher eigenverantwortlich und nach eigenem Zeitplan lernt und sich lieber mit Büchern als dem Dozenten beschäftigt kann an der Universität sein Traumstudium finden. Die Größe von Universitäten kann viele Vorteile bieten: Es ist einfacher sich mit vielen Kommilitonen zu vernetzen. Das sind die Kollegen von morgen und da sind gute Verbindungen hilfreich bei der Karriere.
Auch inhaltlich grenzen sich Unis und Fachhochschulen voneinander ab. Die Fachhochschulen locken ihre Studierenden gerne mit zukunftsträchtigen Spezialisierungen an: Marketingmanagement, Automatisierungstechnik oder Public Relations sind Fächer die eher an Fachhochschulen zu finden sind. Natürlich sind die Zielberufe aus universitären Studiengängen erreichbar. Die heißen dann aber Betriebswirtschaft, Verfahrenstechnik und Soziologie. Da ist also etwas Vorstellungskraft gefragt. Und so ist es bei universitären Studiengängen oftmals: Der Berufsbezug ist schwieriger zu erkennen.
Es gibt an den Universitäten ganz viele Fächer, die von den Fachhochschulen gar nicht angeboten werden: Die etwas boshaft bezeichneten Orchideenfächer, wie beispielsweise Sprach- und Kulturraumstudien. Diese sind leicht an der Endung …istik zu erkennen: Fennistik, Arabistik, Afrikanistik gehören dieser Gattung an. Diesen Studiengängen sagt man fälschlicherweise schlechte Berufsperspektiven nach. Ob jemand hier einen guten Job bekommt, hängt jedoch vor allem von der Studienleistung ab und ob sich derjenige früh genug auf dem Arbeitsmarkt positioniert hat. Für kleine Fachhochschulen sind diese eher kleinen Fächer zu exotisch. An den Fachhochschulen findet man eher die großen Fachbereich, aus Wirtschaft, Technik und Soziales.
Als Fazit würde ich sagen, dass es eher um das Studienfach geht als um die Hochschulform. Interessiert sich jemand für ein Fach, welches an Fachhochschulen und an Universitäten angeboten wird, würde ich die Entscheidung daran festmachen, ob jemand lieber in kleinen Gruppen lernt oder eher die großen Vorlesungen vorzieht.